UNICA logo Portrait of Georges Fondeur.


Georges Fondeur

neuer UNICA-Präsident
Absichtserklärung



Meine sehr verehrten Damen und Herren,

Liebe Freunde,


The Die soeben erfolgte Ernennung zum Präsidenten des Weltverbandes des Autorenfilmes UNICA erfüllt mich mit Freude und Stolz, wobei ich nicht verheimlichen möchte, auch mit etwas Angst und Bedenklichkeit.

Bei jedem Wechsel an der Spitze einer doch seinen langen Traditionen verpflichteten Organisation und durch einen gewissen Erwartungsdruck ergeben sich Spannungen vor denen  man als fast Neuling eine gewisse Unruhe und sogar Angst nicht verbergen kann. Zum Glück gibt es eine ganze Reihe Werte und Erfahrungen die dazu beitragen diese Barriere schnellstens zu überwinden und seine Kräfte nach vorn auf die zukünftigen Aufgaben zu richten.

Manche mögen sich auch die berechtigte Frage gestellt haben, ob der Kandidat nicht etwa zu alt für einen solchen Posten wäre, der vom Inhaber die Qualitäten eines Leiters eines mittleren Betriebes erfordert, wissend dass in unserer heutigen Welt die auf Schnelllebigkeit und den sofortigen Erfolg getrimmt ist, die Unternehmen in zunehmenden Masse von hochdiplomierten, hoch ausgebildeten und sportlich durchtrainierten Managern von 30 bis 45 Jahren geleitet werden? Andere denken vielleicht wieso ein Kandidat aus dem kleinen Großherzogtum Luxemburg, wo es mehr Banker als Filmemacher gibt?

Noch andere könnten denken der Mann ist nur Stellvertreter oder Wegbereiter für andere, neuere, d.h. dynamischere und jüngere Kandidaten, also eine Art Kompromiss- oder im besten Falle ein Übergangspräsident.

Dazu möchte ich hier an dieser Stelle einiges klarstellen.:

Ich sehe mich auf keinen Fall als Kompromisspräsidenten, höchstenfalls als Mann der Kompromisse der mit jedem, aus welcher Ecke der Welt er auch kommen mag, im fairen Dialog und mit offenem Visier bereit ist zu diskutieren.

Ich sehe mich noch viel weniger als Übergangspräsidenten, meine Amtszeit kann nur durch mangelnde Gesundheit, Altersschwäche oder durch den Willen der Delegierten der Länderverbände zeitlich begrenzt werden. Ohnehin ist die Amtszeit auf drei mal drei Jahre beschränkt.

Mein Herkunftsland Luxemburg ist keine Bananenrepublik und seit geraumer Zeit keine Oase mehr für schmutziges Geld oder für Steuerhinterzieher. Soviel zu dem Thema. Aufgrund meiner Familienverhältnisse sehe ich mich viel eher als Europäer an. Ein Belgischer Vater, halb Wallone, halb Flame, eine Frau, halb Italienerin, halb Luxemburgerin, sind hierzu, glaube ich, die besten Voraussetzungen. Am Zusammenfluss zweier der wichtigsten Kulturströme in Europa, der germanischen und der romanischen Welt, hat Luxemburg sich von jeher dem näheren und weiteren Ausland geöffnet.

Eine wichtigere Frage : Was bedeutet indes für mich UNICA.? Welches sind die Gründe für mein Engagement?

Nicht selten hörte man Kommentare wie z.B. dass die Filmerei die zweitschönste Sache an einem UNICA-Kongress sei.

Wie jede Behauptung ist diese, wenn auch etwas frivol, nicht ganz falsch. Natürlich kommen die Menschen aus vielen Ländern im wesentlichen alljährlich an einem anderen Ort dieser Welt des Filmes wegen zusammen. Daselbst wird dann die Hochmesse des Nicht-Kommerziellen Filmes zelebriert, und zwar hundertfach. UNICA ist aber noch viel mehr. Es ist die Kommunion der Kulturen, die Überbrückung der politischen und sozialen Gegensätze. Es ist die gegenseitige Hochschätzung von Menschen verschiedenartigster Herkunft ohne Abwägung der gegensätzlichen Meinungen und Überzeugungen.  Der Film, besser noch als andere Kunstformen, gewährt einen tiefen Einblick in die Seele der einzelnen Völker, in ihre Traditionen, in ihre Kultur, bis ganz hinunter zu ihren Wurzeln. Ein Film aus Fernost ist sofort als solcher zu erkennen, ebenso  ein süd-amerikanischer, ein nordafrikanischer oder ein skandinavischer, selbst ohne Sprache und Musik. Es sind gerade diese Gegensätze die eine Organisation wie die UNICA so wertvoll machen und für mich so wichtig machen.

Darüber hinaus sind es die Menschen die aus vier Kontinenten angereist kommen um dem Medium Film zu huldigen, die den eigentlichen Wert einer solchen Mammutveranstaltung veranschaulichen. Ein buntes Volk von Autoren, jüngeren und auch älteren, Anhänger und Familienmitglieder derselben, desweiteren Dauergäste, Zaungäste oder einfach Filmliebhaber. Alle kommen sie zusammen um die konkurrierenden Filme anzuschauen, gemeinsam zu diskutieren, Ausflüge zu unternehmen und, so gar nicht unwichtig, spät abends noch einen Schlaftrunk zusammen zu genießen. All dies zusammengemixt ergibt einen besonderen Flair, eben den UNICA-Esprit der so gestaltet wohl einmalig auf der Welt ist. So gesehen ist die UNICA, neben dem Schaufenster der weltbesten Autorenfilme, auch ein sehr effizientes Mittel zur besseren Völkerverständigung.

UNICA heute UNICA morgen

In einer kurzlebigen Welt wo alles in Bewegung ist, wo morgen das verbrannt wird was heute noch angebetet wurde, befindet sich die UNICA mehr denn je auf einem wogenden Meer wo es sowohl gilt streng Kurs zu halten, als auch sich den Anweisungen des Wetterdienstes zu beugen. Dies heißt soviel wie an den heutigen Strukturen festhalten ohne zu vergessen über kurz oder lang einen Strukturwandel zu vollziehen. Dies darf jedoch nicht überstürzt oder unüberlegt geschehen ansonsten die Gefahr eines Schiffbruchs gegeben wäre.

Welche Punkte müssen nun kurz- oder mittelfristig untersucht und in Angriff genommen werden?

Das UNICA Festival ist bekanntlich ein Wettbewerb zwischen Verbänden aus vielen oft sogar unterschiedlichsten Ländern.  Die Filme im Hauptprogramm werden von den meisten Landesverbänden nach von ihnen selbst festgelegten Regeln ausgesucht, meistens aufgrund von internen Wettbewerben oder nach Anhörung  eines Selektionskomitees. Die Filme sind grob gesagt in 2 Kategorien eingeteilt, die einen sind „reine“ Amateurfilme, die anderen stammen aus Filmakademien oder Filmschulen, sind also unter Leitung ihrer Lehrer von jungen Leuten hergestellt die gewillt sind aus dem Filmeschaffen ihren Beruf zu machen.

Nun was geschieht mit diesen jungen Leuten nach bestandenem Examen? Kommen ihre Produktionen weiterhin zur UNICA um daselbst von einem großen internationalen Publikum gesehen zu werden, in der Hoffnung irgendwann entdeckt zu werden und dann in die faszinierende Welt des großen Kinos einzutauchen? Mitnichten, anhand der bestehenden Regeln werden sie nicht selektioniert, weil in unseren Augen diese Jungfilmer das Lager der Amateure verlassen haben und, noch gravierender, weil die Autoren keine Mitgliedschaft an einem den Verbänden angegliederten Vereinen besitzt. Aus diesem Grunde finden sich ihre Kurzfilme auf anderen Bühnen wieder. Entweder werden sie im Internet gezeigt oder wir begegnen ihnen an Festivals die ursprünglich für Amateure konzipiert wurden. Ich nenne nur das Berliner Filmfenster, das Festival Grand Off in Warschau, das Festival der Nationen in  Ebensee, oder auch noch die Goldene Diana amKlopeiner See, wo rein statistisch die professionellen Beiträge bis zu 80% der Filme ausmachen. Die stetig steigende Nachfrage  bestätigt das Interesse vieler Jungprofis an solchen Veranstaltungen die ihnen als Forum und Plattform dienen.

Ich stelle daraufhin die Frage ob es sinnvoll oder richtig ist wenn wir, d.h. die UNICA, die angegliederten Verbände sowie auch unsere Vereine aufgrund ihrer Satzungen und Prinzipien, die ambitionierten Jungprofis die danach streben Karriere im Film zu machen, gänzlich aus unseren Aktivitäten ausschließen?. Dabei muss man sich ernstlich fragen ob, seit der Namensänderung im Jahre 2005, und seit der Statutenänderung die im 1. Januar dieses Jahres in Kraft getreten ist, das ganze etwa nur einen Etikettenwechsel zur Folge hatte, also ohne reale Willensbekundung einen Wechsel herbeizuführen? Persönlich bin ich der Meinung dass wir zusammen nach Wegen und Möglichkeiten suchen sollten um diese Jungfilmer in irgendeiner Form an uns zu binden. Zusammen mit den Verbänden und deren Vereinen  wird das Komitee der UNICA die Lösungen zu finden haben die der Lage angemessen sind. Niemand darf sich der Tatsache verschließen dass in zunehmendem Masse unsere Vereine, und nicht nur die europäischen, an Mitgliederschwund leiden. Dieser Verlust kann ohne Umdenken nicht wettgemacht werden, da leider festgestellt werden muss dass begabte junge Autoren die als Filmteams arbeiten, sich keineswegs für unsere traditionellen Vereinsstrukturen interessieren. Zu spät erkannt kann diese Situation sehr alarmierend werden weil zu den strukturellen Problemen auch die Generationsproblematik hinzukommt. Meines Erachtens ist dies zweifellos die Herausforderung die schnellstens angenommen werden muss weil sie auf Dauer eine Existenzfrage, nicht bloß finanzieller Natur, sowohl für unsere Vereine wie für die Verbände und last but not least auch für den Dachverband UNICA selbst darstellen wird.

Es gilt folglich eine vertiefte Ursachenforschung auf den drei vorerwähnten Ebenen vorzunehmen . Erste Diskussionen zu dem Thema wurden bereits innerhalb des UNICA-Komitees geführt. Diese Diskussionen haben zutage gebracht dass bereits vielversprechende innovative Projekte in mehreren Verbänden Westeuropas angestoßen wurden. Die Debatte zu diesem Thema muss jedoch in aller Ruhe geführt und erweitert werden, jede Überstürzung könnte das zu erreichende Resultat auf längere Sicht negativ beeinträchtigen.

Ein zweites Anliegen das mir am Herzen liegt betrifft die interne Organisation des Komitees die ich in den letzten zwei Jahren näher kennenlernen konnte. Ich hätte in meinem neuen und schweren Amt, insbesondere als Nachfolger eines hochrespektierten und allerseits geschätzten langjährigen Amtsinhabers, kaum eine Chance zu bestehen wenn ich der Versuchung erlegen würde mir seine Arbeitsmethoden zueigen zu machen oder falls ich nur versuchen wollte seinen Stil nachzuahmen. Ich möchte mich auch keinesfalls als jemanden ausgeben der ich nicht bin. Dazu bin ich zu alt und habe bereits zuviel gelebt .

Aus meiner Sicht ist die Aufgabe des Präsidenten eher die eines Koordinators und eines Primus inter pares. Ich sehe die Organisation des Komitees viel eher als die einer Regierung als die eines Aufsichtsrates wo jeder zu allem mit dem Kopf nickt was einer oder wenige Andere vortragen. Jedes Mitglied im Komitee sollte sich in Zukunft in die Haut eines Ministers versetzen der einem Regierungsdepartement vorsteht und für das er Verantwortung zu tragen hat. Alleine die wichtigeren Entscheidungen werden im Plenum gefasst, ausgenommen die dringlichen Angelegenheiten die im Einvernehmen mit dem Präsidenten, dem Vize-Präsidenten, dem Generalsekretären und dem Schatzmeister zu beschließen sind. Desweiteren hoffe ich auf das Wissen und die Erfahrung der alten und neugewählten Mitglieder zählen zu dürfen um zu verhindern dass ich in von ihnen bekannte Fallen tappen sollte und auf dass sie mich auf den rechten Weg zurückbringen falls ich mich einmal verlaufen sollte.

Zum Schluss möchte ich mich ausdrücklich bei Max Hänsli und dem ganzen Komitee bedanken für  die ausgezeichnete Zusammenarbeit die wir während den vergangenen 2 Jahren hatten und wo ich sehr freundschaftlich aufgenommen  wurde. Von Euch allen als der zukünftige Präsident vorgeschlagen zu werden, erfüllt mich mit Stolz. Danke für alles. Danke vor allen Dingen Euch allen Delegierten als Vertreter Eurer Verbände für das überwältigende Ergebnis bei der Abstimmung. Ich bin fest überzeugt dass, zusammen mit der Mannschaft die nun neu bestimmt wurde, sowie auch mit dem Neuzugang Rolf Leuenberger, wir in der Lage sein werden gute Arbeit zu leisten und die UNICA in den kommenden Jahren auf die richtige Schiene zu setzen und so für die Zukunft zu rüsten, dies im Rahmen und in vollem Respekt der Satzungen und Traditionen denen wir verpflichtet sind.

So liebe Freunde, Ihr kennt jetzt meine Einstellung und mein Credo. Es wird also heißen:

  • neue Wege und Mittel suchen die uns erlauben sollen die Türe zu unseren Veranstaltungen für Amateure und Jungprofis gleichermaßen zu öffnen  Beide sind in der Tat berechtigt das Label Autorenfilm dem wir uns statutarisch verschrieben haben, zu beanspruchen, unter Ausschluss derjenigen die ausschließlich und in irgendeiner Form ihren Lebensunterhalt durch den Film bestreiten;
  • gleichzeitig unsere eigene Organisation innerhalb des Komitees zu überarbeiten auf dass wir besser aufgestellt sein mögen die Bedürfnisse der Verbände und deren Vereine zu erfassen und schlussendlich ihren Erwartungen gerecht zu werden. Dieses Ziel wird voraussichtlich und folgerichtig auch einhergehen mit einer Reduzierung der Posten im Umfeld des Komitees.

Es gilt nun dass jeder einzelne hier im Saale Anwesender seinen Beitrag leistet entsprechend seiner Kompetenzen auf einem gesonderten Gebiet damit auch in vielen Jahren die UNICA Fanfare in den schönsten Klängen ertönen kann, dies zum Stolz unserer Organisation und aller die die Ehre haben ihr auf irgendeiner Ebene zu dienen und zum höheren Glanz aller die mit ihren Werken auch  in Zukunft sich unter ihrer Flagge versammeln wollen.

Georges Fondeur
Gdansk (Danzig)
10 September 2009